Sortenfinder
 

Regenwürmer: Kostengünstig, zahlreich und fleißig

Der Regenwurm zählt zum Stamm der Ringelwürmer (Annelida) und der Klasse der Gürtelwürmer (Clitallata). Er gehört zur Ordnung der Wenigborster (Oligochaeta). Weltweit gibt es etwa 3000 Arten, von denen ca. 40 heimisch sind.

Den deutschen Namen „Regenwurm“ trägt er, weil er nach einem Regenguss an die Erdoberfläche kommt. Er atmet durch die Haut und würde sonst in den vollgelaufenen Regenwurmgängen ersticken.

Es gibt verschiedene Arten von Regenwürmern. Die tiefgrabenden, anezischen Regenwürmer findet man sowohl an der Bodenoberfläche zur Paarung und Nahrungsaufnahme als auch noch in 1,3 m Tiefe. Bei dieser Art ist das Vorderende zum Schutz vor der Sonneneinstrahlung meist dunkel pigmentiert. Das Hinterende verbleibt in der Röhre und ist nicht pigmentiert.  Die flachgrabenden, endogäischen Arten leben im Oberboden und sind in der Regel nur wenig oder gar nicht pigmentiert. Die epigäischen Streubewohner sind nur an der Bodenoberfläche, in der Humusauflage und den obersten Zentimetern des Oberbodens zu finden. Sie sind dunkel gefärbt.

3000 Arten - 1 Aufbau

Allen Arten gemeinsam ist der Körperaufbau. Sie bestehen aus bis zu 150 Segmenten. Dabei ist ein Segment am Vorderende vorgezogen und überdeckt die Mundöffnung (= Kopflappen). An jedem folgenden Segment gibt es vier Paare Borsten aus Chitin (daraus sind auch Insektenpanzer gemacht), die zur Unterstützung der Fortbewegung dienen. Im vorderen Drittel findet man, wenn das Tier nach ca. 1 Jahr geschlechtsreif ist, einen Gürtel, das sog. Clitellum, das der Fortpflanzung dient.

Regenwürmer sind Zwitter, d.h. sie bilden sowohl Eizellen, als auch Spermien aus. Sie können sich jedoch nicht selbst befruchten.  Zur Fortpflanzung legen sich zwei Würmer nebeneinander und tauschen ihre Spermien aus. Das Clitellum bildet dabei eine Schleimmanschette, in die der Wurm ein Eipaket abgibt, sobald die Eizellen reif sind. Die Eier werden dann in einem Kokon abgelegt.

Die Vermehrung findet vor allem im Frühjahr statt - im Winter fallen die Würmer in eine Kältestarre. Die Entwicklung dauert je nach Art 75 bis 385 Tage, bei den heimischen Ackerarten ungefähr  ein Jahr, daher baut sich eine verminderte Regenwurmpopulation nur sehr langsam wieder auf. Man geht von einer Wiederbesiedelung von fünf bis 10 Metern pro Jahr aus.

Heimische Regenwürmer werden je nach Art bis zu 30 cm lang. In Südaustralien gibt es eine Art, die sogar zwei bis drei Meter lang wird und einen Durchmesser von ca. vier Zentimetern hat.

Wahrnehmung ohne Sinnesorgane

Regenwürmer haben keine Sinnesorgane, können Reize aber trotzdem wahrnehmen. Dies geschieht über ihr strickleiterartiges Nervensystem, dem im 3. Segment ein einfaches Gehirn (cerebrales Ganglion) angeschlossen ist. So können sie sowohl riechen, schmecken, fühlen, als auch Licht und Temperaturunterschiede wahrnehmen.

Die Tiere besitzen zwei Muskelschichten, die wichtig für die Fortbewegung sind. Wird die Längsmuskelschicht zusammengezogen, verkürzt sich der Wurm. Beim Zusammenziehen der Ringmuskelschicht hingegen wird der Wurm länger und dünner. Er bewegt sich wellenförmig kriechend fort. Die Chitinborsten verhindern dabei das Zurückrutschen in den Gängen.

Das große Fressen der Regenwürmer ist gut für den Boden

Um sich zu ernähren, verwertet der Regenwurm Kohlenhydrate und Eiweiße abgestorbener Pflanzenteile. Außerdem nimmt er Bakterien, Algen, Pilze und Einzeller auf. Da er Pflanzenreste nicht unzersetzt fressen kann, zieht er welke Blätter u. ä. zu kleinen Häufchen in die Mündungen seiner Röhren zusammen. Dort herrscht ein feuchteres Klima mit gleichmäßigerer Temperatur, das die mikrobielle Zersetzung begünstigt.

Der Wurm frisst dann die vorzersetzten Pflanzenteile und ansonsten ausschließlich Erde. Im Darm werden die Bodenteile und Pflanzenreste vermischt. Dadurch entstehen Ton-Humus-Komplexe. Die unverdaulichen Stoffe werden als mineralstoffreicher Kot abgegeben. Die Mineralstoffe sind wichtig für die Entwicklung der Pflanzen. Der Kot dient außerdem der Festigung der zum Teil tiefreichenden Röhren. Die Regenwürmer fressen sich auf diese Weise durch den Boden. Der Boden wird durch die Röhren aufgelockert und besser durchlüftet. Durch die Wühltätigkeit können Bodenverdichtungen zum Teil beseitigt werden. Auch verschlämmte Krusten werden aufgebrochen. Dies bietet einen erhöhten Schutz vor Wassererosion, da das Wasser schneller aufgenommen wird und abfließen kann.

Auch andere Tiere wie Schnecken oder Käfer nutzen die Gänge. Sie bieten außerdem den Pflanzen die Möglichkeit ein gutes Wurzelsystem auszubilden und auch Wasser- und Nährstoffvorkommen in tieferen Bodenschichten zu erreichen. Dies wirkt sich vor allem bei Trockenheit positiv auf die Kultur aus.

Der Regenwurm dient vielen Tieren als Nahrungsquelle. Zu den Fressfeinden zählen zum Beispiel Igel, Spitzmäuse, Vögel, Dachse oder Marder.

Unterstützen Sie die Populationen

Die Größe einer Regenwurmpopulation wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Dazu zählen Bodenart und Witterung, auf die man keinen Einfluss nehmen kann. Aber auch beeinflussbare Faktoren, wie Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Düngung oder der pH-Wert spielen eine Rolle. So wirkt sich eine Bodenbearbeitung bei feuchtem Boden negativ auf die Population aus, da sich die Würmer nahe der Bodenoberfläche befinden. Eine tiefe Bodenbearbeitung und das Arbeiten mit Fräse oder Kreiselegge sind ebenfalls ungünstig. Positiv sind z.B. Kulturen mit langer Anbauperiode oder Ernterückständen von hoher Qualität.

Gegen Trockenheit sind Regenwürmer gut geschützt. Die tiefgrabenden Arten ziehen sich in tiefere Bodenschichten zurück, wohingegen die flachgrabenden Arten in einem Ruhestadium überdauern. Bei längeren Trockenperioden versagen diese Mechanismen allerdings. Der Fortbestand der Art kann dann nur noch durch die im Boden verbliebenen Eier in den trockenheitsresistenteren Kokons gesichert werden.

Es sollte darauf geachtet werden, dass anezische und endogäische Arten im Ackerboden vorhanden bleiben, da einige Funktionen nicht durch maschinellen Einsatz ersetzt werden können. So können z.B. Ton-Humus-Komplexe nicht technisch hergestellt werden. Auch die Lockerung des Unterbodens, sowie der Aufbau tiefreichender Röhren sind nicht möglich.

Mindestens 100 Regenwürmer - pro Quadratmeter

In Versuchen des sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (veröffentlicht in LOP 07/13; S. 36-40) wurde der Einfluss von Zwischenfrüchten auf die Regenwurmdichte untersucht. Demnach haben Regenwürmer eine Vorliebe für Erbsen und Ölrettich. Rauhafer schnitt im Test weniger gut ab. Er braucht zur Biomassebildung mehr Wasser als andere Zwischenfrüchte und hemmt vermutlich durch Wurzelausscheidungen, wie ätherische Öle und Phenole (=chemische Verbindung, die in Wasser zur schwachen Säure wird), die Keimung von Unkrautsamen und Ausfallgetreide. Dies legt nahe, dass durch die Wurzelausscheidungen auch die Regenwürmer in tiefere Bodenschichten vertrieben wurden.

In neuesten eigenen Tests auf einem Versuchsfeld in Niedersachsen mit Zwischenfrüchten und viterra® Zwischenfrucht-Mischungen wurde die höchste Anzahl an Regenwürmern in den Ölrettichen CONTRA und SILETTA NOVAgefunden (je 56 Würmer/m²). Die nächstbesten Varianten waren viterra® UNIVERSAL (36 Würmer/m²) sowie viterra® MULTIKULTI und der Rauhafer PRATEX mit jeweils 32 Würmern/m². In einem Vorversuch mit viterra® Zwischenfrucht-Mischungen in der Nähe von Grundhof in Schleswig-Holstein brachte viterra® TRIO die meisten Regenwürmer hervor (80 Würmer/m²). Hier konnte man auch gut beobachten, dass das Senf-Wasser-Gemisch, das zum Austreiben der Würmer aus der Erde dient, schnell versickerte. Somit hat der Regenwurm die Bodenbearbeitung fleißig und kostengünstig erledigt.

Regenwürmer produzieren in unseren mitteleuropäischen Böden pro Hektar und Jahr 40 bis 100 Tonnen wertvolle Wurmlosung. Dies entspricht im Acker einem Bodenwachstum von 0,5 cm. Dieses wertvolle Material enthält durchschnittlich fünfmal mehr Stickstoff, siebenmal mehr Phosphor und elfmal mehr Kalium als die umgebende Erde. Zu seiner Ernährung verwertet der Regenwurm die Kohlenhydrate und Eiweiße der abgestorbenen Pflanzenreste. Zudem werden Bakterien, Algen, Einzeller und Pilze oberflächlich rund um die Wohnröhren abgeweidet oder beim Durchwühlen des Bodens mit der Erde aufgenommen. Eigene Untersuchungen (Trossin, 2011) belegen, dass ein durchgängiges Nahrungsangebot durch eine Begrünung das Regenwurm- Vorkommen fördert. Dabei gibt es eine deutliche Bevorzugung für bestimmte Zwischenfruchtarten.

Leguminosen förderten das Regenwurmvorkommen am meisten (Erbse = 180 Regenwürmer je m²). In allen weiteren untersuchten Varianten lag die Anzahl der Regenwürmer zwischen 100 und 135 Individuen pro m². In nach der Ernte brach gehaltenen Flächen ließen sich meist weitaus weniger Regenwürmer zum Vegetationsende finden als in gut entwickelten Zwischenfruchtbeständen. In der Rauhafervariante war das Regenwurmvorkommen jedoch besonders gering (60 Regenwürmer pro m²). Vermutet wird hier, dass eine Kombination aus Trockenheit und allelopathischer Wirkung die geringe Individuendichte beeinflusste.

Die nachfolgende Kultur wird durch ein hohes Regenwurmvorkommen begünstigt, weil ihre Wurzeln in die weit in die Tiefe reichenden vertikalen Regenwurmgänge wurzeln können. Vor allem bei Vorsommertrockenheit sind solche Bestände weniger vom Trockenstress betroffen. 

(Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Freistaat Sachsen, Anbau von Zwischenfrüchten, Auswertungen der Versuchsanlagen 2012/13, publikationen.sachsen.de/bdb)

Streubewohner (epigäisch)

Lumbricus castaneus
Dendrobaena octaedra

Flachgräber (endogäisch)

Allolobophora chlorotica
Octolaseum lacteum

Tiefgräber (anezisch)

Lumbricus terrestris
Aporrectodea longa